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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 05.06.2017


Chawa Lilith - Persian Prince
Silvy Pommerenke

Berliner Göre trifft auf persischen Prinzen: Chawa Lilith, die sich in der Vergangenheit eher dem Covern von Soulklassikern der 1940er Jahre über Jazz, und Singer/ Songwriter bis zu modernen Popsongs widmete, betritt mit "Persian Prince" nun musikalisches Neuland.




Inspiriert wurde Lilith zu diesem Album, nachdem sie im Herbst 2016 den iranischen Musiker Hossein Alizadeh auf einem Berliner Konzert hörte. Alizadeh, der ein Virtuose auf der Langhalslaute ist (sowohl Tar als auch Setar), gilt als Meister der persischen Musik und hat die junge Musikerin deutlich beeinflusst. Die persischen Elemente ziehen sich durch sämtliche Songs und bieten den roten Faden des Albums.

So hat Chawa Lilith auf ihrem Debut eine interessante musikalische Mischung aus Folklore, Trip-Hop und Elektro-Pop entwickelt, die zwar ein gewagter Mix ist, die aber ihren akustischen Reiz hat. Sehr ausgefeilt, verspielt und mit Liebe zum Detail hat Chawa Lilith nicht nur die Musik produziert, sondern auch das Booklet äußerst liebevoll gestaltet. So führt die Berliner Musikerin anhand von kleinen Geschichten – genauer gesagt Märchen - durch ihr gutes Dutzend Songs, und nennt auch ihre Inspirationsquelle: die Märchen aus Tausendundeiner Nacht. Die Hörerin erwartet also eine musikalische Reise auf einem fliegenden Teppich durch den Orient, die sehr audiophil geraten ist. Die heimischen Boxen empfangen satte Bässe, sphärische, bisweilen transzendentale Klänge und eine märchenhafte Stimme. Das klingt alles sehr durchdacht und ist insofern auch beeindruckend, weil Chawa Lilith sämtliche Instrumente selbst spielt: Gitarre, Bass, Cello, Synthesizer und Perkussion. Dabei erinnert sie von ihrem Klangspektrum stark an Agnes Obel, ihre dänische Kollegin, die auch einen Hang zum Sphärischen hat. Einziges Manko der CD ist, dass sie lediglich dreißig Minuten Spielzeit aufweist. Aber dafür haben es diese dreißig Minuten in sich!

"Dark desires" überzeugt durch Trip-Hop-Elemente und wie es der Titel schon andeutet, so ist dieser Song düster und dramatisch angelegt. "Red eyes" geht beschwingter ins musikalische Rennen und bietet sich durchaus für die Tanzfläche an. Auf "Water spears" wird die Hörerin mit Cello und Synthesizer in das Märchen von "Saliah und Reios" katapultiert und auf "Cursed twin brothers" deklamiert Chawa Lilith ganz so, als würde sie auf einer großen Theaterbühne stehen. Insgesamt macht das Album richtig Laune und es gibt bei jedem erneuten Hören etwas Neues und Anderes zu entdecken. Lassen Sie sich entführen in die persische Welt von Chawa Lilith! Und falls Sie sich fragen, woher Chawa Lilith ihre wilde Lockenpracht geerbt hat, so ist die Antwort: von keiner Geringeren als Anetta Kahane, deren Tochter sie ist…

Ihr Musikerkollege, Karsten Troyke, der sich besonders mit jiddischen Liedern einen internationalen Namen machte, hat es auf den Punkt gebracht: "1001 Nacht: eine verlorene Welt, die es so nie gegeben hat – heute aber ist diese Welt hier. Dank einer jungen Frau, die alle technischen Möglichkeiten der heutigen Zeit nutzt, um dem Zauber eines weiblichen Troubadour auferstehen zu lassen, mit Cello, glitzerndem Timbre und musikalischer Pop-Art."

AVIVA-Tipp: Die Berliner Musikerin Chawa Lilith hat mit "Persian Prince" ein Konzeptalbum gestaltet, das den musikalischen Spagat zwischen Pop, Elektro und World-Music schafft. Abgerundet wird diese äußerst kreative CD durch ein aufwendig gestaltetes Booklet, das die Märchen zu den Songs erzählt.

Chawa Lilith
Persian Prince

Label: Soulfood (Edel)
VÖ: Juni 2017

Chawa Lilith im Netz: www.chawalilithmusic.com und auf Facebook

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Beitrag vom 05.06.2017

Silvy Pommerenke